Bewertungsgesetz (BewG) § 198 – Steuerliche Immobilienbewertung

Bewertungsgesetz (BewG) § 198 – Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gegenüber dem Finanzamt

Sie haben eine Immobilie geerbt oder sind durch eine Schenkung Immobilienbesitzer geworden? Zunächst einmal in der Regel eine attraktive Option. Doch Vorsicht !

Trotz hoher Freibeträge kommt es sehr häufig vor, dass gerade bei der Erbschaft von mehrerern Immobilien, das Finanzamt einen nicht unerheblichen Teil des neu gewonnenen Vermögens für sich beansprucht.

In diesem Artikel möchten wir aus unserer täglichen Arbeit berichten und versuchen zu erklären, wie das Finanzamt den Wert einer Erbschaft ermittelt und einen Wert veranschlagt, der als Berechnungsgrundlage für die Besteuerung dient.

Inhaltsverzeichnis

Wie bewertet das Finanzamt Ihren Grundbesitz?

Zunächst einmal muß man sich darüber im Klaren sein, dass Bewertungen durch das Finanzamt nach eigenen Bewertungsansätzen und grundsätzlich vom Schreibtisch aus, ohne Besichtigung des zu bewertenden Objektes und somit auch ohne Berücksichtigung individueller Zustandsmerkmale wie Baumängel, Bauschäden oder anderer wertbeeinflussender Merkmale erfolgt.

Bei der Berechnung des Grundstückswertes unterteilt das Finanzamt, das zu bewertende Grundstück üblicherweise nicht -wie wir es als Gutachter tun- in Bauland- und Hinterland oder Grünlandanteil.

Anhand eines einfachen Beispiels zeigen wir Ihnen nachstehend die damit verbundenen Folgen bei der Wertermittlung des Grund und Bodens auf.

Beispiel:

Bewertet wird der reine Grundstückswert eines freistehenden Einfamilienhauses in normaler bis guter Wohnlage Düsseldorfs mit einer Größe von 950,00 m².

Angenommen das zu bewertende Grundstück ist 12 Meter breit.  Lt. Gutachterausschuss wurden (auszugsweise) folgende wertrelevante Ausweisungen für das Richtwertgrundstück beschlossen :

Entwicklungszustand: Baureifes Land
Beitragszustand: erschließungsbeitrags- / kostenerstattungsbeitragsfrei und kanalanschlussbeitragsfrei nach KAG
Nutzungsart: Reine Wohngebiete
Ergänzende Nutzungsart freist. Ein-/Zweifamilienhaus
Geschosszahl: II
Tiefe: 40 m
Bodenrichtwert: 600,00 Euro
Zudem wurden folgende Fachinformationen zusammen mit dem Richtwert veröffentlicht:

“Überschreitet das Grundstück die dem Bodenrichtwert zugeordnete Grundstückstiefe, so ist die Restfläche, das sogenannte hintere Bauland, in der Regel mit 20 – 30 % des vorderen Baulandwertes zu bewerten. Je nach Grundstücksnutzung und Lage kann diese Spannweite unter- oder überschritten werden.”

Anhand dieser Parameter zeigen wir nun die vermutlichen Bewertungsansätze (Anpassung an den Bodenpreisindex wurde in diesem Beispiel nicht vorgenommen):

Bewertung Finanzamt: Bewertung Gutachter:
950,00 m² x 600,00 € Ermittlung der Größe des Richtwertgrundstücks:
(Grundstücksgröße x Richtwert) 12 m Grundstücksbreite x 40 m Grundstückstiefe = 480 m²
= Grundstückswert 570.000,00 € 480,00 m² x 600,00 €= 288.000,00 €
Restliche Grundstücksfläche (Grünlandanteil, Hinterland, hinteres Bauland)
= 470,00 m² x (600,00 € x 0,25) = 70.500,00 €
Wert des Baulandanteils: 288.000,00 €
Wert des hinteren Baulands: 70.500,00 €

Grundstückswert: 570.000,00 €

Grundstückswert:
358.500,00 €

Differenz: 211.500,00 €

Anhand dieses einfachen Beispiels kann man gut erkennen, dass es sich in ganz vielen Fällen lohnen kann, die Bewertung des Finanzamtes mittels eines geeigneten Gutachtens zu wiederlegen.

Hierzu heißt es auch im entsprechenden Gesetzestext:

“Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 ermittelte Wert, so ist dieser Wert anzusetzen. Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gelten grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 des Baugesetzbuchs erlassenen Vorschriften.”